Allgemeine Geschäftsbedingungen über Bearbeitungsentgelt für Privatkredite unwirksam

Allgemeine Geschäftsbedingungen über Bearbeitungsentgelt für Privatkredite unwirksam

Der BGH hat entschieden, dass vorformulierte Bestimmungen über ein Bearbeitungsentgelt in Darlehensverträgen zwischen einem Kreditinstitut und einem Verbraucher unwirksam sind.

Im Verfahren XI ZR 405/12 macht der klagende Verbraucherschutzverein gegenüber der beklagten Bank im Wege der Unterlassungsklage die Unwirksamkeit der im Preisaushang der Beklagten für Privatkredite enthaltenen Klausel „Bearbeitungsentgelt einmalig 1%“ geltend. Die Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolgreich gewesen.

Im Verfahren XI ZR 170/13 begehren die Kläger als Darlehensnehmer von der beklagten Bank aus ungerechtfertigter Bereicherung die Rückzahlung des von der Beklagten beim Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags berechneten Bearbeitungsentgelts. Die Parteien schlossen im März 2012 einen Online-Darlehensvertrag. Dazu hatten die Kläger die von der Beklagten vorgegebene und auf deren Internetseite eingestellte Vertragsmaske ausgefüllt, die u.a. folgenden Abschnitt enthielt:

„Bearbeitungsentgelt … EUR

Das Bearbeitungsentgelt wird für die Kapitalüberlassung geschuldet. Das Entgelt wird mitfinanziert und ist Bestandteil des Kreditnennbetrages. Es wird bei der Auszahlung des Darlehens oder eines ersten Darlehensbetrages fällig und in voller Höhe einbehalten.“

Die Höhe des Bearbeitungsentgelts war von der Beklagten sodann mit 1.200 Euro berechnet und in das Vertragsformular eingesetzt worden. Die auf Rückzahlung dieses Betrages nebst entgangenem Gewinn, Verzugszinsen und Ersatz der Rechtsanwaltskosten gerichtete Klage ist – bis auf einen kleinen Teil der Zinsen – ebenfalls in beiden Vorinstanzen erfolgreich gewesen.

In beiden Verfahren hat der BGH die Revisionen der beklagten Kreditinstitute zurückgewiesen.

Nach Auffassung des BGH unterliegen die jeweils in Streit stehenden Bestimmungen über das Bearbeitungsentgelt der gerichtlichen Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB und halten dieser – wie die Berufungsgerichte zutreffend entschieden haben – nicht stand.

Wie in der Parallelsache XI ZR 405/12 handele es sich auch bei der im Verfahren XI ZR 170/13 streitgegenständlichen Regelung um eine – von der beklagten Bank gestellte – allgemeine Geschäftsbedingung i.S.v. § 307 BGB. Dafür sei ausreichend, wenn das Entgelt, wie dies hier nach den Feststellungen des Berufungsgerichts beim Abschluss der Online-Darlehensverträge der Fall war, zum Zwecke künftiger wiederholter Einbeziehung in Vertragstexte „im Kopf“ des Kreditinstituts als Klauselverwender gespeichert ist, anhand der Daten des individuellen Darlehensvertrages errechnet und sodann in ein Leerfeld in der Vertragsurkunde eingesetzt wird.

Die beiden beanstandeten Entgeltklauseln stellten ferner keine gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB kontrollfreien Preisabreden, sondern vielmehr der Inhaltskontrolle zugängliche Preisnebenabreden dar. Ausgehend von der jeweils ausdrücklichen Bezeichnung als „Bearbeitungsentgelt“ hätten die Berufungsgerichte aus der maßgeblichen Sicht eines rechtlich nicht gebildeten Durchschnittskunden rechtsfehlerfrei angenommen, die beklagten Banken verlangten ein zusätzliches Entgelt zur Abgeltung ihres Bearbeitungsaufwandes im Zusammenhang mit der Kreditgewährung und der Auszahlung der Darlehensvaluta; dass im Verfahren XI ZR 170/13 ausweislich des Darlehensvertrages das Bearbeitungsentgelt für die „Kapitalüberlassung“ geschuldet wird, stehe dem bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung nicht entgegen.

Gemessen hieran sei das Bearbeitungsentgelt weder kontrollfreie Preishauptabrede für die vertragliche Hauptleistung noch Entgelt für eine Sonderleistung der Beklagten. Beim Darlehensvertrag stelle der gemäß § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB vom Darlehensnehmer zu zahlende Zins den laufzeitabhängigen Preis für die Kapitalnutzung dar; aus Vorschriften des Gesetzes- und Verordnungsrechts – insbesondere soweit darin neben Zinsen von „Kosten“ die Rede ist – ergebe sich nichts Abweichendes. Mit einem laufzeitunabhängigen Entgelt für die „Bearbeitung“ eines Darlehens werde indes gerade nicht die Gewährung der Kapitalnutzungsmöglichkeit „bepreist“. Das Bearbeitungsentgelt stelle sich auch nicht als Vergütung für eine sonstige, rechtlich selbständige, gesondert vergütungsfähige Leistung der Beklagten dar. Vielmehr werden damit lediglich Kosten für Tätigkeiten (wie etwa die Zurverfügungstellung der Darlehenssumme, die Bearbeitung des Darlehensantrages, die Prüfung der Kundenbonität, die Erfassung der Kundenwünsche und Kundendaten, die Führung der Vertragsgespräche oder die Abgabe des Darlehensangebotes) auf die Kunden der Beklagten abgewälzt, die die Beklagten im eigenen Interesse erbringen oder auf Grund bestehender eigener Rechtspflichten zu erbringen haben.

Der danach eröffneten Inhaltskontrolle hielten die streitigen Klauseln nicht stand. Sie seien vielmehr unwirksam, weil die Erhebung eines laufzeitunabhängigen Entgelts für die Bearbeitung eines Verbraucherdarlehens mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung unvereinbar ist und die Kunden der Beklagten entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Nach dem gesetzlichen Leitbild des § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB hätten die Beklagten anfallende Kosten für die Kreditbearbeitung und -auszahlung durch den laufzeitabhängig bemessenen Zins zu decken und können daneben kein laufzeitunabhängiges Bearbeitungsentgelt verlangen. Gründe, die die angegriffenen Klauseln bei der gebotenen umfassenden Interessenabwägung gleichwohl als angemessen erscheinen lassen, hätten die Beklagten weder dargetan noch seien solche ersichtlich. Insbesondere vermögen bankbetriebswirtschaftliche Erwägungen die Erhebung eines laufzeitunabhängigen Bearbeitungsentgelts nicht zu rechtfertigen, zumal mit einem laufzeitunabhängigen Bearbeitungsentgelt in Verbraucherdarlehensverträgen nicht bloß unerhebliche Nachteile für die Kunden bei der Vertragsabwicklung verbunden sind.

Verfassungsrechtliche Erwägungen stünden der Annahme, Bearbeitungsentgelte in allgemeinen Geschäftsbedingungen seien unwirksam, ebenso wenig entgegen wie das Unionsrecht einem AGB-rechtlichen Verbot formularmäßig erhobener Bearbeitungsentgelte Grenzen setzt.

Im Verfahren XI ZR 170/13 hat der BGH – insoweit über den Streitstoff der der Parallelsache XI ZR 405/12 zugrunde liegenden Unterlassungsklage hinausgehend – weiter ausgeführt, dass der dortigen Beklagten auch nicht im Wege ergänzender Vertragsauslegung ein Anspruch auf Zahlung des nicht wirksam vereinbarten Bearbeitungsentgelts gegen die Kläger zugebilligt werden kann. Zudem sei der im Verfahren XI ZR 170/13 streitgegenständliche Bereicherungsanspruch der dortigen Kläger nicht gemäß § 814 Fall 1 BGB ausgeschlossen.

XI ZR 405/12

LG Dortmund, Urt. v. 03.02.2012 – 25 O 519/11
OLG Hamm, Urt. v. 17.09.2012 – 31 U 60/12

XI ZR 170/13
AG Bonn, Urt. v. 30.10.2012 – 108 C 271/12
LG Bonn, Urt. v. 16.04.2013 – 8 S 293/12

 

Quelle: JURIS