Neubau oder Modernisierung von Fußballstadien aus Sicht des Fußballvereins

3. Ausschreibung

 

Bauvorhaben der oben beschriebenen Art und Größe drohten bereits zu scheitern oder sind gar daran gescheitert, dass die Ausschreibungspflicht verletzt wurde.

 

Ausgangspunkt für die Beantwortung der Frage, ob ggf. eine Ausschreibungspflicht besteht, ist, ob ein öffentlicher Auftraggeber im Sinne der EU-Vergaberichtlinien handelt. Dabei ergibt sich eine Abhängigkeit von den Schwellenwerten der EU, die bei einem Bauauftrag von mindestens 5,923 Mio. € ausgeht. Da der Auftragswert für Fußballstadien mit mindestens

5.000 Plätzen für die Regionalliga und 10.000 Plätzen für die dritte Liga den EU-Schwellenwert erfahrungsgemäß überschreiten, gilt grundsätzlich EU-Recht.

 

Was gilt aber, wenn nicht die öffentliche Hand, sondern beispielsweise der Fußballverein als Dritter selbst den Auftrag vergibt und dabei ebenso einen Auftragswert erreicht, der oberhalb der EU-Schwellenwerte liegt? Hierbei ist der nach EU-Recht maßgebliche Begriff zu beachten, welcher eine Erweiterung des Verständnisses des Begriffes „öffentlicher Auftraggeber“ bewirkt.

 

 

Auf der Grundlage der Baukoordinierungsrichtlinie, deren Umsetzung in das deutsche Recht erfolgte, gelten zusätzlich zu den bisherigen „klassischen“ Auftraggebern auch solche juristischen Personen des öffentlichen und privaten Rechts als „öffentliche Auftraggeber“, die im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art erfüllen und die durch die öffentliche Hand durch Beteiligung und Aufsichtsfunktion etc. beherrscht werden (§ 98 Nr. 2 GWB).

 

Als Indiz, dass der Verein oder eine von ihm eigens gegründete Stadiongesellschaft  als Auftraggeber dem öffentlichen Auftraggeber zuzuordnen ist, dienen folgende Merkmale:

 

  1. Beherrschung oder Finanzierung durch staatliche Stellen,
  2. Erfüllung von im allgemeinen Interesse liegender Aufgaben,
  3. Aufgaben nichtgewerblicher Art und
  4. besonderer Gründungszweck.

 

Eine juristische Person (wie der eingetragene Verein) ist nur dann einem staatlichen Auftraggeber gleichzustellen, wenn sie in einer derartigen Weise staatsgebunden ist, dass zwischen ihr und der staatlichen Stelle praktisch kein Unterschied mehr besteht, auch wenn sie nicht förmlich in die staatliche Verwaltung eingegliedert ist.[4] Die staatliche Stelle muss einen solchen Einfluss auf den Auftraggeber ausüben können, dass eine Gleichsetzung mit den beiden anderen alternativen Merkmalen der überwiegenden Finanzierung oder der Bestimmung von mehr als der Hälfte der Mitglieder der Leitungsorgane vorliegt[5] und für die staatliche Stelle die Möglichkeit besteht, auch die Entscheidungen der juristischen Person in Bezug auf öffentliche Aufträge zu beeinflussen[6].

 

Die staatliche Beherrschung des betreffenden Unternehmens als Auftraggeber kann auch in dem staatlichen Vorrecht liegen, Aufsichtsräte oder die Geschäftsführung zu bestimmen[7].

 

 

Der Ausdruck „von einem oder mehreren öffentlichen Auftraggebern finanziert“ ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes[8] dahingehend auszulegen, dass er Fördermittel oder Zuwendungen, die einen oder mehreren öffentlichen Auftraggebern zur Unterstützung gewährt werden, umfasst. Dagegen stellen Zahlungen, die im Rahmen eines Vertrages als Gegenleistung für andere Leistungen getätigt werden, keine öffentliche Finanzierung dar.

 

Anteile an der öffentlichen Finanzierung sind Fördermittel für die Baumaßnahme und andere damit verbundene Investitionen. Solche Finanzmittel, deren Auszahlung sich gegebenenfalls über mehrere Jahre verteilen,  dürfen nicht den überwiegenden Jahresetat eines auftraggebenden Dritten im laufenden Geschäftsjahr ausmachen. Dies gilt umsomehr, wenn sich dieser verpflichtet, ein Fußballstadion zu planen und zu finanzieren, zu errichten und schließlich zu betreiben, und hierfür umfangreiche eigene Investitionen (ggf. finanziert durch Dritte) plant.

 

Der Europäsche Gerichtshof[9] hat ferner herausgestellt, dass eine „Einrichtung des öffentlichen Rechts“ dann gegeben ist, wenn die Tatbestandsmerkmale „von Allgemeininteresse“, „nichtgewerbliche Gründung zu einem besonderen Zweck“ kumulativ vorliegen.

Diese Merkmale spielen erfahrungsgemäß bei der Errichtung von reinen Fußballstadien oder der Modernisierung von Mehrzweckstadien zu Fußballarenen eine untergeordnete Rolle, so dass sie hier vernachlässigt werden.

 

Im Zweifelsfall sollte von einer europaweiten Ausschreibungspflicht ausgegangen werden.