Wenn ein Bauträger vertraglich verpflichtet ist, eine Wohneinheit bezugsfertig herzustellen und dem Erwerber zu übergeben, setzt sich diese Pflicht aus zwei Elementen zusammen:
1. Einer Herstellungsverpflichtung, bei der der Bauträger wie bei einem Werkvertrag vorleistungspflichtig ist, und
2. einer Übergabepflicht, bei der die gegenseitigen Pflichten der Vertragsparteien gleichrangig, also Zug um Zug zu erfüllen sind. Diese Kombination aus Vorleistungspflicht und gleichrangiger Pflicht, die in § 3 Abs. 2 MaBV angelegt ist, trägt der Besonderheit des Bauträgervertrags Rechnung, wonach der Bauträger nicht nur die Herstellung des Vertragsobjekts, sondern auch dessen Übereignung und Übergabe schuldet. Bei der Durchführung des Leistungsaustauschs ist allerdings zu beachten, dass die Höhe der vom Erwerber Zug um Zug gegen Besitzverschaffung geschuldeten Zahlungen nicht ohne Weiteres dem Vertrag entnommen werden kann, sondern davon abhängt, wie der Bauträger seine zuvor zu leistende Bauverpflichtung erfüllt hat. Hat er das Vertragsobjekt zwar im Wesentlichen vertragsgemäß hergestellt, liegen aber trotzdem Mängel vor, die lediglich der Bezugsfertigkeit nicht entgegenstehen, ist der Erwerber berechtigt, einen Einbehalt von der Bezugsfertigkeitsrate vorzunehmen (BGH, Urteil vom 27. Oktober 2011, VII ZR 84/09, Rn 10). Dieser Einbehalt beläuft sich auf die Beseitigungskosten zzgl. eines Druckzuschlags. Der Erwerber schuldet für die Übergabe eines Kaufgegenstands, der Mängel aufweist, die die Bezugsfertigkeit nicht ausschließen, also nur die Bezugsfertigkeitsrate abzüglich des Mängeleinbehalts. Wegen der Gleichrangigkeit von Übergabepflicht und Zahlungspflicht ist der Bauträger nur zur Übergabe des Vertragsobjekts verpflichtet, wenn der Erwerber auch zur Zahlung der ggf. reduzierten Bezugsfertigkeitsrate bereit ist.
Aus diesen Überlegungen folgt:
a) Der Bauträger ist in Verzug mit der Übergabe der bezugsfertigen Wohneinheit, wenn er zum Solltermin entweder die Wohneinheit nicht bezugsfertig hergestellt hat oder die Wohneinheit – aus welchen Gründen auch immer – jedenfalls nicht übergibt.
b) Hat ein Bauträger die Wohneinheit bezugsfertig hergestellt, befindet er sich mit der Übergabe nicht in Verzug, solange der Erwerber die Zug um Zug gegen Übergabe geschuldeten Zahlungen nicht in Annahmeverzug begründender Form anbietet. Will der Erwerber von seinem Recht Gebrauch machen, Zug um Zug gegen Übergabe nicht die volle Bezugsfertigkeitsrate zu zahlen, sondern wegen bestehender Mängel einen Einbehalt vorzunehmen, dann obliegt es ihm, die Höhe seines Einbehalts und den sich daraus ergebenden geringeren Kaufpreis konkret zu beziffern. Ein den Annahmeverzug begründendes Angebot hat ein Erwerber folglich erst dann dem Bauträger unterbreitet, wenn er eine ausreichende Zahlung angeboten hat – notfalls unter weiterem Angebot der Abwicklung über einen Notar. Eine geringfügige Unterschreitung des vom Erwerber zu entrichtenden Betrages ist unschädlich.
Es gehört aber zur vollständigen Erfüllung der werkvertraglichen Komponente der Übergabepflicht, dass der Bauträger dem Erwerber die Durchführung eines Abnahmetermins anbietet bzw. diesen durchführt. Denn der Erwerber muss die Möglichkeit erhalten, die Bauleistung des Bauträgers dahin zu überprüfen, ob sie überhaupt abnahmereif sind bzw. welche Mängel vorliegen. Nur dann ist der Erwerber in der Lage, einen eventuellen Mängeleinbehalt von der Bezugsfertigkeitsrate zu berechnen (vgl. BGH aaO), wozu er wiederum in der Lage sein muss, um bei einem bezugsfertigen aber mangelhaften Kaufgegenstand den Bauträger unter Angebot der geminderten Rate in Verzug setzen zu können.
c) Ein Bauträger hat abnahmereif geleistet, wenn seine Bauleistung im Wesentlichen vertragsgerecht ist; dass der Bauträger dies dem Erwerber auch nachweist, ist für die Abnahmereife grundsätzlich nicht erforderlich.
Legt der hierzu nicht verpflichtete Bauträger bei der Abnahme keinen Nachweis für die technische Mangelfreiheit seiner Leistung in einem bestimmten Punkt vor, muss der Besteller die Werkleistung selbst untersuchen lassen und bis zum Abschluss der Untersuchung entweder die Abnahme verweigern oder sich jedenfalls die Abnahme des von ihm befürchteten Mangelsymptoms vorbehalten, um insoweit nicht die Beweislast zu übernehmen. Anderes mag dann gelten, wenn die Parteien ausdrücklich vereinbart haben, dass der Bauträger in einem bestimmten Punkt nicht nur eine Bauleistung gemäß den anerkannten Regeln der Technik, sondern eine bestimmte Form des Nachweises dieser Regelkonformität schuldet.
KG Berlin, Urteil vom 15.5.2018, 21 U 90/17