Konkurrenzschutz vs. Betriebspflicht mit Sortimentsbindung

Der Bundesgerichtshof hat jetzt eine lange in der Rechtsprechung und der Fachliteratur kontrovers diskutierte Frage beantwortet.
Benachteiligt der formularmäßige Ausschluss des Konkurrenzschutzes in einem Einkaufszentrum bei gleichzeitiger Festlegung einer Betriebspflicht mit Sortimentsbindung den Mieter unangemessen?
Zu den Hauptleistungspflichten des Vermieters gehört die ungestörte Gebrauchsüberlassung der Mietsache. Diese Pflicht umfasst bei einem Gewerberaumietverhältnis grundsätzlich auch einen vertragsimmanenten Konkurrenzschutz.
Dieser hat zum Inhalt, dass der Vermieter grundsätzlich gehalten ist, keine in der näheren Nachbarschaft des Mieters gelegenen Räume an Konkurrenten zu vermieten oder selbst in Konkurrenz zum Mieter zu treten.
Dieser vertragsimmanente Konkurrenzschutz besteht grundsätzlich auch in einem Einkaufszentrum. Zwar besteht kein Anlass, die dort niedergelassenen Gewerbetreibenden stärker gegen erlaubten Wettbewerb zu schützen als dies in herkömmlichen Geschäftsstraßen der Fall ist.  Allerdings besteht ebenso wenig Anlass, einen geringeren Konkurrenzschutz zu gewähren als bei der Vermietung mehrerer benachbarter Ladenlokale durch denselben Vermieter in einer Geschäftsstraße. So darf in einem kleinen Einkaufszentrum mit nur wenigen Ladenlokalen davon ausgegangen werden, dass der Vermieter für ein möglichst breit gefächertes Angebot sorgt und Sortimentsüberschneidungen vermeidet. Umgekehrt muss der Mieter einer Ladenfläche in einem großen Einkaufszentrum hinnehmen, dass es zu typischen Sortimentsüberschneidungen mit anderen Gewerbetreibenden kommt, zumal die Attraktivität eines großen Einkaufszentrums gerade auch mit der Repräsentanz konkurrierender Angebote steigt.
Wird der Konkurrenzschutz des Mieters aber vertraglich ausgeschlossen, verschafft dies dem Vermieter die Möglichkeit, Konkurrenzunternehmen mit gleichem oder ähnlichen Sortiment in der unmittelbaren Nachbarschaft des Mieters anzusiedeln. Dadurch geraten der Umsatz und die Geschäftskalkulation des Mieters in Gefahr. Ist ihm in dieser Lage zusätzlich eine Betriebspflicht mit Sortimentsbindung auferlegt, fehlt es ihm an Möglichkeiten, sich durch Veränderung des eigenen Angebots an die entstandene Konkurrenzsituation anzupassen oder zumindest durch Verkürzung seiner Betriebszeiten seine Kosten zu reduzieren.
Rechtsfolge der unangemessenen Benachteiligung der Beklagten durch diese formularmäßigen Geschäftsbedingungen ist unmittelbar nur die Unwirksamkeit der betreffenden Klauseln. Dies begründet für sich genommen keinen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung, sondern führt zur Fortsetzung des Vertrags unter Außerachtlassung der unwirksamen Klauseln.
Die dann möglicherweise eingetretene Verletzung eines bestehenden Konkurrenzschutzes kann einen Mangel der Mietsache bewirken. Daraus können sowohl Ansprüche des Mieters auf Verhinderung oder Beseitigung der Konkurrenzsituation erwachsen als auch eine Mietminderung oder gegebenenfalls eine Schadenersatzpflicht des Vermieters. Schließlich kann der Mangel, wenn er nicht behoben wird, einen wichtigen Grund zur Kündigung darstellen.
(Urt. v. 26.02.2020, Az.: XII ZR 51/19)