Kein Vorteilsausgleich bei Nacherfüllungsanspruch im Kaufrecht

Der für das Kaufrecht zuständige 5. Zivilsenat des BGH hat am 13.05.2022 (BGH Urteil vom 13.5.2022 – V ZR 231/20) eine bemerkenswerte Entscheidung gefällt:

1. Eine Beteiligung des Käufers an den Kosten der Nachbesserung einer (gebrauchten) mangelhaften Kaufsache nach den Grundsätzen eines Abzugs „neu für alt“ scheidet aus, wenn sich der Vorteil des Käufers darin erschöpft, dass die Kaufsache durch den zur Mangelbeseitigung erforderlichen Ersatz eines mangelhaften Teils durch ein neues Teil einen Wertzuwachs erfährt oder dass der Käufer durch die längere Lebensdauer des ersetzten Teils Aufwendungen erspart.

2. Für einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung in Höhe der voraussichtlich erforderlichen Mängelbeseitigungskosten nach §§ 437 Nr. 3, 280 I und III, 281 I BGB gilt das Gleiche, und zwar auch dann, wenn die Nachbesserung wegen des arglistigen Verschweigens des Mangels nicht angeboten werden muss (hier: Kosten für die Erneuerung einer mangelhaften Kellerabdichtung).

Damit hält der Senat auch an seiner vom 7. Zivilsenat für das Werkvertragsrecht abweichenden Meinung fest, dass im Kaufrecht (einschließlich Werklieferungsvertrag) ein Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung in Höhe der voraussichtlich erforderlichen Mängelbeseitigungskosten besteht .

Zur Erinnerung:

Der 7. Zivilsenat ist der (umstrittenen) Auffassung, in den Fällen, in denen der Mangel eines Werks nicht beseitigt, sondern stattdessen Schadensersatz statt der Leistung geltend gemacht wird, sei mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts eine Abkehr von der hergebrachten Schadensberechnung angezeigt. Wenn wie bisher die erforderlichen Kosten für die Herstellung des vertragsgemäßen Zustands verlangt werden könnten, ohne dass damit die Beseitigung der Mängel verbunden sei, bestehe die Gefahr der erheblichen Überkompensation.  Damit werde ein tragender Grundsatz des Schadensrechts, das Bereicherungsverbot, beeinträchtigt. Schadenersatz könne daher nur in Höhe des Minderwerts gefordert werden. In Kenntnis der auch nach dem 01.01.2002 fortgesetzten (fiktiven) Schadensberechnung im Kaufrecht ist er weiter der Auffassung, es liege keine Divergenz zu dieser Rechtsprechung vor, die eine Anrufung des Großen Zivilsenats gem. § 132 Abs. 2 GVG  erfordere.  Die Besonderheiten des Werkvertragsrechts führten unter wertenden Gesichtspunkten zu einer anderen Schadensberechnung als im Kaufrecht.

Für das Werkvertragsrecht kann man der Folgen wegen derzeit grundsätzlich nicht empfehlen, Schadenersatz statt der Leistung zu verlangen.