Nichtvorlage des Mietvertrags: Grund zur Verweigerung der Zustimmung der Wohnungseigentümer?

Die Nichtvorlage des Mietvertrags ist nach Ansicht des BGH kein wichtiger Grund zur Verweigerung der nach einer Vereinbarung der Wohnungseigentümer erforderlichen Zustimmung zur Vermietung (und zur Veräußerung) einer Eigentumswohnung.  


Mit der Möglichkeit, durch Vereinbarung nach § 10 Abs. 2 WEG (a.F., § 10 Abs. 1 WEG n.F.) einen Zustimmungsvorbehalt für die Vermietung einer Eigentumswohnung vorzusehen, und der Zulassung eines Zustimmungsvorbehalts für die Veräußerung von Wohnungseigentum in § 12 Abs. 1 WEG will der Gesetzgeber einem berechtigten Anliegen der anderen Wohnungseigentümer Rechnung tragen. Es geht um ihr Interesse, sich gegen das Eindringen unerwünschter Personen in die Gemeinschaft und gegen sonstige unerwünschte Veränderungen im Personenkreis der Teilhaber zu schützen. Daraus folgt, dass ein wichtiger Grund zur Versagung der Zustimmung zu einer Veräußerung von Wohnungseigentum vorliegt, wenn der vorgesehene Erwerber voraussichtlich keine Gewähr dafür bietet, sich persönlich in die Gemeinschaft einzuordnen, wenn er im Hinblick auf die Verteilung gemeinschaftlicher Lasten (§ 16 WEG) wirtschaftliche Bedenken rechtfertigt oder wenn er voraussichtlich durch die Nichterfüllung gemeinschaftsbezogener Pflichten – soweit solche rechtlich begründet sind – den Gemeinschaftsfrieden nachhaltig stören wird. Diese Anforderungen gelten im Wesentlichen auch für die Annahme eines wichtigen Grundes zur Versagung der Zustimmung zu einer Vermietung von Wohnungseigentum. Hier spielen zwar wirtschaftliche Gesichtspunkte, anders als bei der Zustimmung zur Veräußerung, keine entscheidende Rolle, weil die Pflicht des vermietenden Wohnungseigentümers zur Beteiligung an den Kosten der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums unverändert bleibt. Ähnlich wie es bei der Zustimmung zur Veräußerung von Wohnungseigentum auf die Person des Erwerbers ankommt, ist für die Zustimmung zur Vermietung entscheidend, ob der Mietbewerber die Gewähr bietet, sich persönlich in die Gemeinschaft einzuordnen, die für alle geltenden Regeln etwa einer Hausordnung zu beachten, die Grenzen der Nutzung der ihm vermieteten Eigentumswohnung nicht zu überschreiten und die Rechte der übrigen Wohnungseigentümer zu achten.


Die Forderung zur Vorlage des Kaufvertrages im Zusammenhang mit der Zustimmung zur Veräußerung läuft zumeist darauf hinaus, den Kaufpreis und andere interne Vereinbarungen des verkaufenden Wohnungseigentümers mit dem Erwerber offen zu legen, auf die es für die Prüfung des Vorliegens oder Fehlens eines wichtigen Grundes für die Versagung der erforderlichen Zustimmung gar nicht ankommt. Für die Vorlage des Mietvertrages im Zusammenhang mit der Erteilung der Zustimmung zur Vermietung gilt nichts Anderes.


Erforderlich ist die Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer auch nicht zu dem Abschluss des konkreten Mietvertrages, den der vermietungswillige Wohnungseigentümer mit dem Mietinteressenten abschließen will, sondern zur „Vermietung“. Der Begriff Vermietung beschreibt nicht den Mietvertrag, sondern eine bestimmte Form der Nutzung der Wohnung, nämlich ihre mietweise Überlassung an einen Interessenten. Das wiederum ergibt sich daraus, dass die Wohnungseigentümer durch eine Vereinbarung nach § 10 Abs. 1 WEG (n.F.) das Recht des Wohnungseigentümers, seine Wohnung zu vermieten, mit einem Zustimmungsvorbehalt nur einschränken dürfen, wenn und weil es um eine Regelung über den Gebrauch des Sondereigentums geht. Zum Gebrauch des Sondereigentums gehört aber nur die Vermietung als tatsächlicher Vorgang, nicht der Inhalt des dazu abzuschließenden Vertrags. Dessen unveränderter Fortbestand kann daher auch nicht Voraussetzung für die Erteilung der Zustimmung und deren Bestand sein.
Schließlich steht den übrigen Wohnungseigentümern bei einer der Zweckbestimmung widersprechenden Nutzung einer Einheit durch einen Mieter ein direkter Anspruch gegen diesen auf Unterlassung dieser Nutzung gemäß § 1004 Abs. 1 BGB zu. Der Mieter übt in Bezug auf das Gemeinschaftseigentum eine von seinem Vermieter als Miteigentümer abgeleitete Befugnis zur Inanspruchnahme des auch fremden Miteigentums an dem Grundstück aus, die nicht weiter reichen kann, als die Befugnis des Eigentümers, der sie dem Mieter im Rahmen des Mietverhältnisses einräumt. Das gilt im Ergebnis auch für einen den Vereinbarungen widersprechenden Gebrauch des vermieteten Sondereigentums durch den Mieter. Der Inhalt des Sondereigentums kann durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer, etwa durch eine Zweckbestimmung, näher ausgestaltet und im Verhältnis zu den anderen Sondereigentümern beschränkt werden, deren Eigentum dann auch einen Anspruch auf Einhaltung dieser Beschränkung umfasst. Eine der Zweckbestimmung widersprechende Nutzung einer Sondereigentumseinheit stellt sich daher als (mittelbare) Beeinträchtigung des Eigentums aller Wohnungseigentümer dar, und zwar auch dann, wenn sie nicht durch den Sondereigentümer, sondern durch dessen Mieter erfolgt.

Fazit: Insbesondere die WEG-Verwalter werden diese höchstrichterliche Entscheidung der zuvor umstrittenen Rechtsfrage beachten müssen.

(BGH, Urteil vom 25. September 2020 – V ZR 300/18)